Das Eichelschwein Projekt
Das Eichelschwein Projekt ist eine künstlerische Intervention mit und über Schweine. Die bildende Künstlerin Insa Winkler forschte im Zeitraum 2003 - 2007 über das Wesen der Schweine hinsichtlich der Beziehung Mensch und Natur, natürlicher Lebensraum und ursprüngliche bäuerliche Schweinehaltung im Oldenburger Land und in Sachsen.
Hierbei entstand eine "Eichelschwein-Gesellschaft" aus Landwirtschaft, Kunstmarkt, Kulturwissenschaft. Das Projekt ist sowohl Kunst als auch eine zur Nachahmung empfohlene Möglichkeit für die Landwirtschaft von morgen. Innerhalb einer Machbarkeitsstudie zusammen mit Landwirten wurde ein hervorragender Eichelschwein Schinken produziert. Die Intervention zeigt ebenfalls ein ehrliches Bild der gespaltenen Haltung zum Verzehr von Fleisch.
The Acorn Pig Project is an artistic intervention with and about pigs. The visual artist Insa Winkler researched in the period 2003 - 2007 about the nature of pigs with regard to the relationship man and nature, natural habitat and original rural pig farming in the Oldenburg region in North Germany.
In the process, an "Acorn Pig Society" was created from agriculture, art market, cultural studies. The project is both art and an opportunity for tomorrow's agriculture recommended for imitation. In a feasibility study together with farmers, an excellent acorn pig ham was produced. The intervention also presents an honest picture of divided attitudes toward eating meat.
Lesen Sie hier über die spannenden Ereignisse und Ergebnisse zum Eichelschwein Projekt!
...aus dem Kapitel 4. - 4.3. Ergebnisse „Eichelschwein“-Projekt ab (S.208)
In Bezug auf eine künstlerische Auseinandersetzung mit Nutztieren scheinen Schweine ein mythologisches, visuell ansprechendes Thema zu sein. In der global entwickelten Agrarindustrie, innerhalb der die konventionelle Schweinehaltung angesiedelt ist, sind jedoch die mythologischen und optisch ansprechenden Aspekte völlig verschwunden. Die Schweine, die ich in einem sächsischen (Massentierhaltungs-) Mastbetrieb antraf, waren Tiere, die repräsentativ für den berühmten Südtiroler Schinken heranwuchsen, die aber im Gegensatz zu der idyllischen Tiroler Landschaft und deren berühmten Tiroler Speck auf engstem Raum und auf den herkömmlichen Spaltböden in einer unattraktiven Umgebung lebten.
Die Schweine, die ich sah, litten offensichtlich als Einzellebewesen unter komplexen Symptomen, während sie als Ganzheit einer Fleischindustrie eine Reihe von negativen Umweltveränderungen (u.a. Überdüngung, Monokultur, Gentechnik) verursachten und dieses noch immer tun.
Die konventionelle Schweinehaltung führt zu einem riesigen Feld von Erkenntnissen von Syndromen, sowohl in lokaler als auch in globaler Perspektive. Und darunter auch die Dimensionen der Beziehung von Mensch und Natur und deren Rechte. Angesichts dieser Herausforderungen fragte ich: Wie kann man einen regionalen, nachhaltigen sächsischen Schinken mit einer vorbildlichen Schweinehaltung produzieren, die dadurch auch noch ein attraktives Umfeld mit sich bringt? Das Ergebnis meiner künstlerisch-forschenden Interventionsstrategie entwickelte sich hierbei zu einem unerwartet langwierigen Projekt, das erstaunlich viele Prozesse in Gang setzte. Als Protagonistin für eine exemplarische Transformation der Schweinewelt und um einen zunächst objektiven und neutralen Eindruck von Schweinehaltung und landwirtschaftlichen Methoden zu gewinnen, habe ich mich in die landwirtschaftliche Praxis mit lebenden Schweinen vertieft. Denn nur Praktizierende können verstehen, welche Vorbereitung und Praxis, Disziplin und Methode, Strategie und Phantasie für die perfekte Ausführung ihrer Tätigkeit notwendig sind (Toulmin, 1968). Ich organisierte mein eigenes landwirtschaftliches Experiment mit zehn Schweinen in einer von mir ausgerufenen Gemeinschaft von fördernden Pat*innen für diese zehn Schweine. Ich habe hierfür eine „kreative Zweckgemeinschaft“ an der Schnittstelle zwischen Mensch und Schwein entwickelt.
Ich gab diesen Schweinen zum Beispiel Namen, die mir die Pat*innen vorschlugen, und machte sie so zu Persönlichkeiten. Weil ich die Tiere täglich besuchte entwickelte sich besonders zwischen meinem persönlichen Schwein "Winkler" und mir selbst, auch "Winkler" eine einzigartige Beziehung. Eine solche außergewöhnliche Beziehung zu den Nutztieren hatte ich zuvor im Kaukasus beobachtet, wo die Schweine am Morgen allein zum Weiden hinausgehen, um zum Abendessen nach Hause zu kommen. Diese Beziehung wurde nachweislich auch auf Initiative des Tieres hergestellt, weshalb diese kreative Zweckgemeinschaft zwischen Schwein und Mensch sich noch vertieft.
Ein Höhepunkt des Eichelschwein-Projektes war das behutsam vorbereitete Eichelschwein- Rennen, bei dem die zehn Eichelschweine, ausgestattet mit Flügeln in Form von Eichenlaub, unter der Aufsicht ihrer Pat*innen, Zuschauer*innen und geladenen Gäste ein Rennen absolvierten.
Diese ethnografische und transdisziplinäre und künstlerische Intervention liefert permanente spannende, lebendige, emotionale und zugleich aufschlussreiche Zwischenergebnisse als Brücke zu einem „Social Landart“-Modell.